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Aktuelle Diskussion

Kinder malen auf dem Fußboden

Seit der Einführung der Mehrwertsteuer im Jahr 1968 gibt es in Deutschland zwei verschiedene Mehrwertsteuersätze: den sogenannten Regelsteuersatz, der derzeit bei 19 Prozent liegt, und den ermäßigten Mehrwertsteuersatz von aktuell 7 Prozent. Der reduzierte Mehrwertsteuersatz wurde aus sozialpolitischen Gründen eingeführt: Die ganze Bevölkerung sollte sich die Erfüllung der Grundbedürfnisse leisten können und am gesellschaftlichen Leben teilhaben – auch bei geringem Einkommen. Daher sind Produkte, die als notwendiger Grundbedarf eines Menschen betrachtet werden, wie z. B. Lebensmittel, Zeitungen oder der öffentliche Nahverkehr, mit dem reduzierten Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent belegt.

Im Laufe der Jahrzehnte wurde die Anzahl der begünstigten Produkte und Dienstleistungen immer wieder ausgeweitet – oft mit dem Ziel, einzelne Wirtschaftsbereiche zu fördern. Dazu zählen etwa die Reduzierung der Mehrwertsteuer für die Benutzung von Sesselliften im Jahr 2009 und die Begünstigung von Hotelübernachtungen 2010. Da der reduzierte Mehrwertsteuersatz zur Sicherung der Grundbedürfnisse und der Teilnahme am gesellschaftlichen Leben gedacht ist, ist eine Überprüfung der entsprechenden Produkte und Dienstleistungen sinnvoll.

Daher wird derzeit in der öffentlichen Diskussion verstärkt die Frage gestellt, ob es auch in Zukunft noch einen reduzierten Mehrwertsteuersatz geben soll und wenn ja, für welche Produkte er dann gilt. Einige Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fordern immer deutlicher, den reduzierten Steuersatz ganz abzuschaffen oder ihn ausschließlich für Lebensmittel zu gewähren. Die Bundesregierung hatte in ihrem Koalitionsvertrag von 2009 angekündigt, die "steuerliche Entlastung insbesondere für die unteren und mittleren Einkommensbereiche sowie für die Familien mit Kindern" bis 2013 umzusetzen. Außerdem ist „es (…) Ziel dieser Koalition, die wirtschaftliche und soziale Leistungsfähigkeit von Familien weiter zu stärken”, und   „Förderinstrumente (…) direkt in der Lebenswirklichkeit von Familien ansetzen" zu lassen. Mit der Abschaffung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes würde durch die zusätzlichen finanziellen Belastungen der genau gegenteilige Effekt eintreten. Den Mehrwertsteuersatz auf Produkte und Dienstleistungen auf 7 Prozent zu reduzieren, wäre jedoch ein großer Schritt in die richtige Richtung.

Zum reduzierten Mehrwertsteuersatz hat die Bundesregierung 2009 beschlossen, eine  Regierungskommission einzusetzen, die im Laufe des Jahres 2011 einen Vorschlag erarbeiten soll. Die ersten beiden geplanten Termine der Mehrwertsteuerkommission im Februar und April 2011 wurden jedoch auf unbestimmte Zeit vertagt.

 

Am 12. Mai 2011, kurz vor dem Start unserer Kampagne, hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass Deutschland mit seiner begünstigten Besteuerung von Reitpferden gegen geltendes EU-Recht verstößt. Wann jedoch die Rechtslage in Deutschland angepasst wird, ist bisher noch nicht klar. Laut Bundesfinanzministerium könnte die Umsetzung auch erst 2013 stattfinden. Aus diesem Grund werden wir das Kampagnenmotiv mit dem Reitpferd vorerst weiter verwenden.

Allerdings wusste die Bundesregierung spätestens seit Herbst 2007, dass die bis jetzt gültigen 7 Prozent Mehrwertsteuer für Pferde nicht mit EU-Recht vereinbar waren, denn zu diesem Zeitpunkt begann die EU mit der Untersuchung des Sachverhalts. Dennoch hat Deutschland das entsprechende Gesetz lange nicht angepasst. Offenbar waren der deutschen Regierung die Pferde so wichtig, dass sie dafür sogar ein Vertragsverletzungsverfahren der EU in Kauf genommen hat. Wäre so etwas auch für Kinderprodukte denkbar? Sehen so die Prioritäten der Bundesregierung aus? Während sie für den niedrigen Mehrwertsteuersatz für Reitpferde sogar ein Gerichtsverfahren mit der EU riskiert, schöpft sie bei Kinderprodukten noch nicht einmal alle Möglichkeiten aus, die ihr die EU einräumt. Kinderautositze und Schulessen hätten schon längst in der Mehrwertsteuer reduziert werden können – in voller Übereinstimmung mit geltendem europäischem Recht.